Wenn es um neue Funktionen von Siri geht, ist das Interesse meistens groß. Apple hat über die Jahre viele Erwartungen geweckt – und selten enttäuscht. Doch aktuell steht genau das zur Debatte. Wurde auf der WWDC zu viel versprochen? Ist Siri 2024 wirklich so fortschrittlich, wie Apple es dargestellt hat? Oder handelt es sich um ein klassisches Beispiel für Vaporware – also um Software, die angekündigt, aber nie wirklich ausgeliefert wurde?
Auf der Entwicklerkonferenz WWDC im letzten Jahr präsentierte Apple eine Reihe beeindruckender Neuerungen für Siri. Die Sprachassistentin sollte deutlich smarter werden, unterstützt durch ein großes Sprachmodell und semantische Suchfunktionen. In einer späteren iPhone 16-Werbekampagne wurden genau diese Funktionen nochmal hervorgehoben. Das Versprechen lautete: „bald verfügbar“. Wenig später zog Apple das „bald“ zurück, löschte die Anzeige – und lieferte die neuen Funktionen bis heute nicht aus. Das brachte Apple in die Kritik. John Gruber, ein bekannter Apple-Kommentator, machte den Anfang. Ihm folgten weitere Stimmen aus der Tech-Szene. Die zentrale Frage lautet: War das, was Apple angekündigt hat, jemals funktionsfähig – oder wurde etwas gezeigt, das in Wirklichkeit noch gar nicht existierte?
Wie die Debatte um Siri entstand
Gruber hatte Apple in der Vergangenheit oft gegen Vaporware-Vorwürfe verteidigt. Doch nach der WWDC 2024 änderte er seine Haltung. Der Grund: Die angekündigten Siri-Funktionen seien niemandem außerhalb von Apple gezeigt worden. Kein Journalist konnte sie ausprobieren. Auch Apple-Mitarbeiter, mit denen Gruber gesprochen hat, kannten die Funktionen nur vom Hörensagen. Laut Gruber widerspricht das dem, was Apple selbst früher als Vaporware bezeichnet hat. Ein Produkt sei nur dann echt, wenn es tatsächlich existiert, getestet werden kann und in der Praxis funktioniert. Alles andere sei ein Konzept, kein fertiges Feature.
Apple reagiert – aber spät
Fast ein Jahr später gab es eine öffentliche Reaktion von Apple. In einem Interview mit der Journalistin Joanna Stern (Wall Street Journal) erklärten Craig Federighi und Greg Joswiak, dass die Kritik unbegründet sei. Die Demo sei keine Vaporware gewesen. Es habe sich um funktionierende Software gehandelt – mit echtem Sprachmodell, echter KI und echter Suche.
- Auf Nachfrage bestätigte Federighi: Ja, es habe eine funktionierende Version gegeben. Man habe sie für die Keynote mit echtem Material gefilmt. Die Features seien real.
Widersprüche in der Präsentation
Trotz dieser Aussage bleiben Zweifel. In dem Keynote-Video wurde an keiner Stelle die neue Siri in einer durchgehenden, nachvollziehbaren Nutzung gezeigt. Stattdessen wurde immer wieder vom iPhone, das angeblich Siri nutzte, zurück zur Moderatorin geschnitten. Eine typische Siri-Aktion – Frage, Antwort, Reaktion – war nicht in einem einzigen ungeschnittenen Clip zu sehen. Apple hat laut mehreren Insidern sehr strikte Vorgaben für Demos: Alles, was gezeigt wird, muss in einem Take möglich sein – genau wie bei einer echten Live-Präsentation. Das war hier nicht der Fall. Die Präsentation bestand aus mehreren zusammengeschnittenen Momenten, die eher wie Mockups wirkten.
Weitere Stimmen werfen Apple mangelnde Transparenz vor
Russell Ivanovic, Entwickler und Co-Gründer von Shifty Jelly, bezeichnete die Präsentation klar als Vaporware. Seiner Meinung nach spielt es keine Rolle, ob Apple die Funktion intern testen konnte. Wenn ein Feature angekündigt, beworben und nie veröffentlicht wird, ist das eine gebrochene Zusage. M.G. Siegler, Tech-Investor und früherer Google Ventures-Partner, äußerte ähnliche Kritik. Er erinnert daran, dass Apple sich in der Vergangenheit selbst über andere Unternehmen lustig gemacht hat, wenn diese Produkte ankündigten, die nicht fertig waren. Nun befinde sich Apple in genau derselben Situation. Seine Aussage ist deutlich: Ein Produkt, das nicht ausgeliefert wird, ist kein reales Produkt. Es ist ein Konzept. Und Apple kann nicht gleichzeitig andere kritisieren und sich selbst ausnehmen. Wenn das Unternehmen seine Glaubwürdigkeit behalten will, muss es liefern – oder den Mund halten.
Ist Siri Vaporware oder nur noch nicht fertig?
Die Debatte über Siri zeigt, wie sensibel der Umgang mit Ankündigungen in der Tech-Branche ist. Apple hat mit den gezeigten Funktionen große Erwartungen geweckt. Doch bis heute fehlt ein konkretes Veröffentlichungsdatum, eine Live-Demo oder ein öffentlich getestetes Feature. Auch wenn Apple beteuert, dass die Technik existiert, bleibt der Eindruck, dass es sich eher um ein Konzept als um eine marktreife Lösung handelt. Ob die neue Siri also wirklich nur verspätet oder tatsächlich Vaporware ist, lässt sich aktuell nicht abschließend beurteilen. Fest steht: Die Kritik ist nicht unbegründet. Wer Versprechen macht – erst recht öffentlich und werbewirksam – muss diese auch halten. Apple steht hier in der Verantwortung. Die Nutzer, du eingeschlossen, erwarten zu Recht Transparenz und Verlässlichkeit. (Bild: Shutterstock / BadPixma)
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