Apple könnte bald in einem neuen Markt mitspielen, der bislang von Amazon, Microsoft und Google dominiert wird. Laut einem Bericht von The Information hat Apple ernsthaft geprüft, einen eigenen Cloud-Service für Entwickler anzubieten. Das Projekt mit dem internen Codenamen ACDC sollte auf den hauseigenen Chips basieren und könnte langfristig zu einer echten Alternative zu AWS, Azure oder Google Cloud werden.
Cloud-Services gehören zu den lukrativsten Geschäftsmodellen großer Tech-Konzerne. Für Apple war dieser Bereich bisher eher Nebensache. Statt Rechenpower zu vermieten, konzentriert sich das Unternehmen auf Geräte, Betriebssysteme und Software-Dienste. Doch hinter den Kulissen laufen offenbar schon seit Jahren Überlegungen, diesen Kurs zu ändern. Apple könnte seine eigene Hardware-Stärke in Rechenzentren bringen – mit einem Service, der speziell für KI-Workloads und moderne Entwicklerbedürfnisse ausgelegt ist.
Projekt ACDC: Apple Chips in Data Centers
Das interne Projekt trägt den Namen ACDC – das steht für „Apple Chips in Data Centers“. Ziel war es, Server auf Basis von Apple Silicon bereitzustellen, die Entwicklern zur Verfügung gestellt werden könnten. Drei mit dem Projekt vertraute Personen sagten, dass diese Server vergleichbar mit bestehenden Angeboten von AWS, Azure oder Google Cloud wären – nur eben mit Apple-Chips statt Intel oder AMD. Die Idee hinter ACDC war, eine Cloud-Infrastruktur zu schaffen, die günstiger und effizienter ist als die bestehenden Angebote der Konkurrenz. Apple sah darin vor allem eine Möglichkeit, seine eigenen Chips auch außerhalb von iPhones, iPads und Macs wirtschaftlich zu nutzen.
Warum Apple überhaupt in die Cloud will
Ein zentraler Grund für Apples Cloud-Pläne ist die gestiegene Nachfrage nach KI-Infrastruktur. Gerade für sogenannte Inferenz-Prozesse – also die Anwendung vortrainierter KI-Modelle auf neue Daten – bieten Apple-Chips laut interner Einschätzung deutliche Vorteile. Sie sind leistungsstark und gleichzeitig stromsparend, was sich direkt auf die Betriebskosten auswirkt. Apple setzt bereits seit einiger Zeit eigene Chips in seinen Rechenzentren ein. Ein erstes Beispiel ist „Private Cloud Compute“, ein System, das serverseitige Anfragen für Apple Intelligence verarbeitet. Auch das Siri-Team war früh dabei: Für Text-to-Speech-Aufgaben wurden dort erstmals Server mit Mac-Chips getestet – mit positiven Ergebnissen in Sachen Leistung, Genauigkeit und Kosten. Später folgten weitere Apple-Dienste wie Fotos und Apple Music, etwa zur Verbesserung der Suchfunktion.
Interner Service oder öffentliches Angebot?
Interessant ist, dass Apple offenbar nicht vorhatte, einen klassischen Cloud-Vertrieb wie Amazon aufzubauen. Stattdessen sollte das bestehende Developer Relations Team den Zugang verwalten. Das würde bedeuten: keine typische B2B-Vertriebsstruktur, sondern ein Cloud-Angebot, das direkt in Apples bestehende Entwickler-Ökosysteme eingebettet wäre. Einfach, kontrolliert und auf Apple-Niveau. Man prüfte sogar, ob sich diese Infrastruktur für externe Entwickler öffnen ließe – allerdings ohne eine breite Vermarktung, sondern eher als ergänzender Service für Apple-nahe Entwickler. Das wäre ein deutlicher Unterschied zu AWS oder Azure, die auf maximale Skalierung im Unternehmensbereich setzen.
Der aktuelle Stand: unklar
Der Bericht nennt keine abschließende Entscheidung zum Projekt ACDC. Zwar wurden die internen Gespräche bis ins erste Halbjahr 2024 weitergeführt, doch seit dem Weggang von Michael Abbott – einem der führenden Köpfe hinter der Idee – im Jahr 2023 ist der Status ungewiss. Ob Apple das Projekt weiterverfolgt, ist aktuell nicht bekannt. Trotzdem zeigt die Diskussion, in welche Richtung Apple strategisch denkt. Die Einnahmen aus dem App Store stehen unter regulatorischem Druck. Gleichzeitig steht der milliardenschwere Standard-Such-Deal mit Google im Fokus des US-Justizministeriums. Neue Einnahmequellen im Servicebereich werden für Apple damit zunehmend wichtig. Eine Entwickler-Cloud auf Basis der eigenen Chips würde gut zur bestehenden Strategie passen.
So könnte Apple seine Chip-Stärke weiter ausspielen
Auch wenn derzeit unklar ist, ob Apple das Projekt ACDC weiterverfolgt, ist deutlich geworden, dass die Idee ernsthaft geprüft wurde. Die Kombination aus eigener Hardware, KI-Kompetenz und Entwicklerfokus bietet eine solide Grundlage für einen möglichen Einstieg in den Cloud-Markt. Für Entwickler könnte das mittelfristig eine interessante Alternative zu den etablierten Angeboten darstellen – besonders wenn Apple das gewohnte Maß an Integration und Effizienz auch auf Cloud-Services überträgt. Wenn Apple sich entscheidet, mit ACDC oder einem ähnlichen Dienst an den Start zu gehen, könnte das den Markt nachhaltig verändern. Und es wäre ein logischer nächster Schritt, um den technologischen Vorsprung von Apple Silicon in neue Geschäftsfelder zu bringen. (Bild: Shutterstock / Tommy Lee Walker)
- MacBook Pro 2026: OLED, M6-Chip und neues Gehäuse
- Apple plant umfassende Mac-Upgrades laut neuem Bericht
- iPhone 17 Pro Max mit größtem Akku in Apples Geschichte